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ute Unterhaltung ist der Schlüssel zum Erfolg. Warum? Das erklärt Toan Nguyen, Gründer & Geschäftsführer der Marketingagentur Jung von Matt Nerd.

Er ist ein Spieler – ohne sich zu verzocken: Toan Nguyen gilt als Glanzlicht der Werbeindustrie. Als Experte für Gaming, Entertainment und Popkultur gründete er Jung von Matt Nerd. Eine seiner größten Stärken: Anderen erklären, wie sie die „Nerd-Welt“ der Computerspiele und des Web 3.0 für ihre Geschäftsmodelle nutzen. Viele Marken sehnen sich nach einer „Verjüngung“ und neuen Zielgruppen. Nguyen zeigt ihnen die Welt der Fantasy-, Gaming- und Science-Fiction-Szene, ersinnt Strategien und Partnerschaften. Durch ihn trifft Haribo auf Super Mario oder BMW auf Pokémon.
Und was hat das mit dem Gastgewerbe zu tun?
Auch für diese Unternehmen geht es um das große Ganze – die richtige Zielgruppenansprache. Dabei klingt das Wort trocken, anstrengend und so gar nicht verspielt. „Der Ansatz ist ohnehin veraltet“, meint Toan Nguyen. Der Schlüssel zum Erfolg sei heute die Unterscheidung nach Stilgruppen. Dabei geht’s nicht um eine bloße Wortspielerei. „Zielgruppen“ ist die Unterscheidung der Kunden nach Faktoren wie Alter, Geschlecht, Einkommen oder Wohnort. Das greift zu kurz. Potenzielle Kunden haben viel mehr gemeinsam als diese „Schubladen“. Sie teilen die gleichen Hobbies, Welt-Ansichten und Lebensphilosophien oder nutzen die gleichen Apps. Heute trifft die 25-jährige vegetarisch lebende Studentin im Bioladen auf die 55-jährige Frau, die beide eine Yoga-Matte tragen und beide zum Mandelmus greifen. Gleichzeitig tragen 18-Jährige ohne eigenes Einkommen teure Uhren und die gleiche Wachs-Jacke wie ihre Großväter. Nguyen ist überzeugt: „Wichtig ist die Unterteilung nach Lifestyle und Wertehierarchien. Die Frage sollte also nicht sein: „Wie erreiche ich die GenZ?“, sondern: Was ist meinen Kunden wichtig, womit beschäftigen sie sich, wo liegen ihre Prioritäten und ganz wichtig: Zu welcher Community zählen sie sich?“
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit
Aufgabe für Unternehmer: sich reindenken in die Lebenswelt ihrer Gäste. Und hier spielt die Digitalisierung ihre Trumpfkarte aus: Über Datenerhebungen lassen sich bestimmte Interessensgruppen identifizieren, egal ob in der Region, in ganz Deutschland oder für Gäste aus dem Ausland. Nguyen: „Gerade im Gastgewerbe gibt es neue große Communities und Stilgruppen mit ähnlichen Bedürfnissen.“ Die würden aber oft nicht ausreichend erkannt und genutzt.
Zwei große Treiber: Gesundheit und Workation
Nguyen: „Nehmen wir das Thema Workation. Die Kombination aus Urlaub und Arbeit wird immer gängiger. Doch es fehlt in Hotels oft noch an kleinen Konferenzräumen, guter Internetverbindung oder schlichtweg schönen Hintergründen für Videokonferenzen. Ein zweiter großer Treiber: der Gesundheitstrend. Ein riesiger Markt. In vielen Hotelfrühstücksangeboten schlägt sich das noch nicht nieder. Stattdessen: gebratener Speck neben Würstchen, zu viele Kohlenhydrate und zu viel Zucker. Hier braucht es mehr gesunde Angebote. Hotels könnten auch überlegen, Intervallfasten, Kurse für gesunde Küche oder Fitness in ihr Angebot einzuflechten. Ich denke: Jeder, der das Thema Gesundheit nicht ernst nimmt, verschwindet in den nächsten zehn Jahren vom Markt. Es braucht Balance zwischen Genuss und Gesundheit.
Warum haben dann Gerichte mit Pommes und Currywurst noch immer so viel Erfolg?
Nguyen: „Wir leben in einer Zeit der Polykrisen. Daraus ergeben sich ganz bestimmte psychologische Muster. Muster Nummer eins: Der Gesundheitstrend mit dem Körper als letzte Instanz der eigenen Kontrolle. Hier werden mit Smartwatches Daten erhoben, Speisepläne optimiert, auf die Anzahl der Schritte pro Tag geachtet und so weiter. Dem gegenüber steht der Eskapismus: Wir kippen in eine Früher-war-alles-besser-Perspektive, suchen Halt in „Süß und Fettig“ oder einer gewissen Kindheitsnostalgie – Produkte, die diese Sehnsucht bedienen, haben gerade wieder viel Zulauf.“
Strategische Partnerschaften als Schlüssel zum Erfolg
Das große Talent von Nguyen: den Zeitgeist erspüren. Er sieht verschiedene Entwicklungslinien in den Bedürfnissen der Konsumenten und merkt, wann diese sich kreuzen. Nguyen: „Wenn sich Entwicklungslinien kreuzen, bekommen sie eine Art Turbo-Boost-Effekt. Das lässt sich an verschiedenen Datenpunkten belegen. Einer der besten Ausschlaggeber für einen Trend: Wenn der schlechteste Amateur damit Geld verdienen kann.“ Startet man im richtigen Moment sinnvolle Kooperationen, erhalten Unternehmen Zugang zu einer ganz neuen oder erweiterten Ziel- und Stilgruppe. Nguyen: „Mögliche Beispiele für das Gastgewerbe wären ein Retreat Hotel, dass mit einer Yoga-Marke kooperiert oder Influencer aus der Szene einlädt. Auf TikTok beobachten wir einen Trend, bei dem Jugendliche wieder vermehrt Bücher lesen. So könnten Gastgeber auch Autoren für Lesungen im Hotel oder Restaurant einladen – und damit eine Brücke bauen zu ganz neuen Communities.“
Sind Stereotype wie die bayerische Lederhose bei der Vermarktung hilfreich oder hinderlich?
Nguyen: „Der Kontext entscheidet. Stereotype wie Bierkrug, Bergpanorama oder Brezn können bei der Markenbildung helfen. Je nach Stilgruppe sollte man mit diesen Bildern aber unterschiedlich „spielen“, das auch gerne mal ironisch aufgreifen. Einer der erfolgreichsten Slogans der Tourismusindustrie kommt aus Baden-Württemberg: Wir können alles. Außer Hochdeutsch. – Das ist ein Beispiel für eine gelungene ironische Verwendung von Stereotypen.“
Noch eine Frage zum Abschluss: Bayern als Computerspiel – eine Idee?
Nguyen: „Bayern eignet sich super für ein Abenteuer-Natur-Spiel – zum Beispiel Hindernisläufe. Auch einen Landwirtschaftssimulator kann ich mir gut vorstellen, etwa wie die Siedler von Catan oder die Sims.“
Erleben Sie Toan Nguyen live bei unserem Bayerischen Gastgebertag am 28. Oktober in Bad Füssing!


