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nfolge der bayerischen Landtagswahlen Anfang Oktober 2023 wurde Michaela Kaniber in ihrem Amt als Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bestätigt. Als Neuerung in dieser Legislaturperiode fällt der Bereich „Tourismus“ künftig in ihr Ressort. Im Gespräch mit Gastgeber Bayern äußert sich die bereits bekannte Ministerin zu ihrem neuen Aufgabenbereich und wirft einen Blick auf die kommenden Herausforderungen für ihr Ministerium.
Zunächst einmal freue ich mich persönlich sehr, künftig auch Bayerische Tourismusministerin zu sein. Welchen Stellenwert Tourismus für uns hat, zeigt sich auch darin, dass er jetzt im Namen des Ministeriums steht. Ich verstehe mich als politische Speerspitze für die Anliegen der Branche und habe mir für meine neue Aufgabe viel vorgenommen. Die bayerische Tourismuspolitik kommt künftig aus einer Hand und aus unserem Ministerium. Damit können wir wertvolle Synergien nutzen, mit denen wir den Tourismus, aber auch die ländliche Entwicklung sowie die Infrastruktur und die Gesundheitsangebote vor Ort weiter verbessern werden. Unser bayerischer Anspruch ist ja immer, in der Spitzenliga zu spielen. Das liegt einfach in unserer DNA. Deshalb ist ganz klar mein Anspruch, die Position Bayerns als „Tourismusland Nummer eins“ in Deutschland zu stärken und weiter auszubauen. Dass dabei ein vitales Gastgewerbe eine zentrale Rolle spielen wird, versteht sich von selbst.
Betrachten wir die Ausgangslage für den Tourismus, dann sehen wir bedauerlicherweise eine insgesamt sehr kritische weltpolitische Lage. Auch die hohen Energiepreise, der Arbeits- und Fachkräftemangel oder die unsichere Wirtschaftslage machen es der Branche alles andere als leicht. Mir ist es wichtig, die Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen. Ich möchte aber auch dazu beitragen, sie möglichst in etwas Positives umzuwandeln. Schon während Corona, was ja wahrlich ein Schock sondergleichen für den Tourismus und das Gastgewerbe war, ist es uns gelungen, etwas Positives daraus zu ziehen. Wir konnten Menschen für Urlaub in Bayern begeistern, die bislang noch nicht daran gedacht hatten, bei uns Urlaub zu machen. Auch die schwierige Zeit jetzt bietet ihre Chancen. Die Menschen sind allgemein sehr gestresst, wollen vielleicht weniger in die Ferne fliegen. Viele haben Sehnsucht nach Entspannung, aber auch nach Wellness oder Gesundheit. Das alles können wir in Bayern bieten. Und wir wollen hier noch besser werden. Ich sehe enorme Chancen etwa im Bereich Agritourismus. Ich möchte diese Form des Urlaubs noch stärker für neue Zielgruppen erschließen und auch die Qualität der regionalen Produkte noch mehr in den Vordergrund stellen. Ich bin sicher, dieser Bereich bietet insgesamt enormes Potenzial. Das gilt auch für den Gesundheitstourismus und insbesondere für unsere Kurorte und Heilbäder. Deshalb wollen wir die Bäder im intensiven Wettbewerb des Gesundheitstourismus stärken und ihre Position gegenüber Konkurrenten in den anderen Bundesländern und im benachbarten Ausland verbessern. Diese Zukunftsbranche braucht Rückendeckung.
Ich habe schon gehört, es gibt die Sorge, dass ich als Ministerin des Ländlichen Raums nur den Tourismus im ländlichen Raum stärken möchte. Diese Sorge kann ich jedem nehmen. Der Tourismus in Bayern ist nur in seiner Vielfalt stark. Bayern bietet ein touristisches Portfolio, das in Europa und in der Welt seinesgleichen sucht. Wir sind eine Premiumdestination. Zu diesem Premiumanspruch gehört ein starker Städtetourismus genauso wie ein breit aufgestellter Geschäftstourismus. Deshalb werden wir uns beispielsweise den Kongresstourismus künftig genauer anschauen. Hier liegt ein weiteres Wertschöpfungspotenzial. Gleichzeitig sehen wir, dass die nationale und internationale Konkurrenz seit Corona deutlich stärker geworden ist. Wir wollen deshalb etwas tun, um die Branche in Bayern zu stärken. Davon profitieren die Metropolregionen genauso wie der ländliche Raum. Denn auch viele ländliche Bereiche haben im Kongresstourismus enorme Entwicklungspotenziale. Was meinen Sie: Worin sind Bayerische Gastgeber schon besonders gut? Das bayerische Gastgewerbe ist bestens aufgestellt. Unsere Wirtinnen und Wirte verstehen es, regionalen Produkten und lokalen Besonderheiten einen speziellen Charakter zu verleihen. Auch dank unserer Gastronomie verfügen Bayerns Regionen über eine unglaubliche Vielfalt an kulinarischen Genüssen. Ich kann jedem – Einheimischen und Touristen – nur empfehlen, diese Schätze für sich zu entdecken. Mir ist es wichtig, hier eine noch engere Verknüpfung zwischen Landwirtschaft und Gastronomie zu erreichen. Es ist gut, mit dem DEHOGA Bayern einen Partner an meiner Seite zu wissen, der sich ebenfalls für die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe in der Ernährung einsetzt. Auch die bayerische Hotellerie ist für ihre hohe Qualität und ihren exzellenten Service bekannt. Unsere Gastgeber bieten eine breite Palette an Unterkünften, von traditionellen Gasthöfen bis zu luxuriösen Resorts. Da ist für jedes Budget und jeden Geschmack das Richtige dabei. Es ist mir wichtig, dabei diese Vielfalt und die prägende Rolle der mittelständischen Familienbetriebe zu erhalten. Wir haben damit einen besonderen Schatz, der uns von vielen anderen Destinationen unterscheidet, und den wir unbedingt fördern und erhalten müssen.
Ich möchte den Betrieben keine Ratschläge erteilen. Sie sind Profis in ihrem Bereich und kennen ihre Herausforderungen. Ich möchte der Branche vielmehr meine Unterstützung anbieten, diese Herausforderungen zu bewältigen. Das Stichwort Bürokratieabbau sei an dieser Stelle unbedingt erwähnt. Ebenso das Thema Arbeitskräftemangel, das vielen Betrieben unter den Nägeln brennt. Aber auch darüber hinaus können sie jederzeit wichtige Themen aus der Branche an mich herantragen. Der DEHOGA als das Sprachrohr der Branche wird hierbei sicher eine bedeutende Rolle spielen. Ich freue mich auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Wenn man als Wirtstochter in Bayern groß wird und dann diese Position für den bayerischen Tourismus und das bayerische Gastgewerbe einnehmen kann, ist das schon ein ganz besonderer Moment. Ich habe früh gelernt, wie wichtig Dienstleistung ist und wie viel Freude Dienstleistung bereiten kann. Ich freue mich unglaublich über meine neue Aufgabe. Es ist ein bisschen wie heimkommen. Ich kenne viele Themen der Branche seit Jahren aus dem eigenen Betrieb. Umso schöner ist, jetzt auch politisch voll für die Branche aktiv sein zu können. Der Amtsantritt war dabei freilich nicht der erste Berührungspunkt mit dem Tourismus. Mein Ministerium hat auch schon in den letzten Jahren immer wieder Initiativen ergriffen, um die Genussregionen, die ländlichen Räume, die regionale Vermarktung, ausgezeichnete Küche oder die Wirtshauskultur zu stärken. Gerade die Zusammenarbeit mit dem DEHOGA Bayern hat hierbei eine lange und fruchtbare Tradition. Wir haben viele Möglichkeiten, die Wertschöpfung und die Lebensqualität in den Regionen insgesamt weiter zu stärken. Denn jeder Euro, der in den Tourismus fließt, kommt auch den Menschen vor Ort zugute.
Zur Person:
Die gelernte Steuerfachangestellte Michaela Kaniber begann ihre politische Karriere als Beisitzerin im CSU-Ortsverband Bayerisch Gmain. Nach unterschiedlichen Positionen als stellvertretende Vorsitzende und Vorsitzende des Ortsverbands avancierte sie zur Kreisvorsitzenden der CSU im Berchtesgadener Land. Im Jahr 2008 wurde sie Gemeinderätin, seit 2013 ist Kaniber Landtagsabgeordnete. Nach 5-jähriger Tätigkeit im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration sowie im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst wurde sie 2018 zur Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ernannt. Seit Beginn der neuen Legislaturperiode und ihrer Bestätigung im Amt fällt nun zusätzlich auch der Tourismus-Sektor in ihr Ressort.