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it 25 Jahren steht Stephanie Schreiner noch am Anfang ihrer beruflichen Karriere, dennoch hat sie bereits vor zwei Jahren die Position der Hoteldirektorin im Hotel Kaiseralm im Fichtelgebirge übernommen. Im Gespräch mit Gastgeber Bayern spricht die junge Unternehmerin offen über die Vorzüge und Herausforderungen einer schrittweise erfolgten Unternehmensübergabe an die junge Generation. Und es zeigt sich: Gerade in der Übergangszeit einer gemeinsamen Unternehmensführung zwischen übergebender und übernehmender Generation liegt so manche Chance.
Eindeutig nein. In der Schule wusste ich anfangs nicht, was ich einmal werden möchte und habe deswegen Praktika in den unterschiedlichsten Bereichen gemacht. Aber egal in welcher Branche ich mich versucht habe, es hat immer etwas gefehlt. Das Gefühl von Angekommen und Zuhause sein, dass mir überall gefehlt hat, habe ich nur in der Gastronomie und Hotellerie gefunden.
Oh ja, die gab es mit Sicherheit. Es ist eine Branche die viele Höhen, aber auch Tiefen mit sich bringt. Ich habe bereits als Kind vieles in dieser Hinsicht mitbekommen und war somit der Meinung, dass ich weiß, auf was ich mich da einlasse. Aber die Arbeit in dieser Branche stellt einen doch öfter als gedacht vor neue und ungeahnte Herausforderungen. Aber auch diese sind dafür da, um aus ihnen zu lernen und stärker zu werden. Trotz der oft schwierigen Zeiten bleibt es für mich die schönste Branche der Welt.
Tatsächlich war meine Mutter schon immer die gute Seele des Hauses und hat für jeden ein offenes Ohr. Sie hat ein unglaubliches Talent, wenn es um das Merken von Namen und Gesichtern in Verbindung mit Zimmernummern geht und übernimmt deswegen neben der Position als „Mama“ für alle Mitarbeiter zeitgleich die Rezeptionsleitung. Mein Vater hat sich schon immer um das ganze Administrative gekümmert und ist unser „kreativer Spinner“ im positivsten Sinne. Wenn ihm eine Idee in den Kopf schießt, sieht man es ihm sofort an seinem Gesichtsausdruck an und es dauert nicht lange, dann wird Gedachtes ausprobiert. Durch seine mehr als 30-jährige Zeit als Prüfer für die Berufe Hotelfach und Restaurantfach kümmert er sich zusätzlich um unsere Auszubildenden im Service und an der Rezeption. Auch wenn mein Aufgabenschwerpunkt inzwischen die Administration, Organisation, Planung und das Marketing des Betriebes ist, werde ich mit meinem Herzen immer in der Küche verankert sein und bringe gerne ein bisschen Chaos durch kreative Ideen in die Abteilung. Vor allem bei Extra-Essen freue ich mich, auch selbst noch manchmal in der Küche stehen zu können. Ich bin Ausbilderin und Prüferin für den Bereich Küche und kümmere mich somit auch um unsere Auszubildenden in diesem Bereich. Aktuell übernehme ich immer mehr Aufgaben von meinem Vater, um irgendwann komplett in seine Fußstapfen treten zu können. Deswegen verbringe ich momentan viel Zeit mit ihm im Büro, schaue ihm über die Schulter und kümmere mich vermehrt um das Marketing. Vor allem während des Abendgeschäfts bin ich dann auch für die Gästebetreuung zuständig, denn dieser persönliche und familiäre Kontakt ist für unser Haus essenziell.
Hast Du „Lieblingsaufgaben“? Und gibt es irgendetwas, was Du gar nicht magst?
Eine meiner Lieblingsaufgaben ist das Training unserer Auszubildenden. Auch wenn es nicht immer einfach ist, gibt es nichts Schöneres als jungen interessierten Menschen das eigene Wissen und die Kreativität weitergeben zu können. Ich bin zwar grundsätzlich ein „Bauchmensch“, trotzdem können Tabellen, Statistiken und Diagramme, die auf Tatsachen beruhen, den Bauch im Fall der Fälle auch mal beruhigen. Weswegen das Erstellen dieser ebenfalls zu den Dingen zählt, die ich am liebsten mache. Tatsächlich ist die Rezeption ein Bereich, den ich nicht so gerne mag. Umso mehr Respekt habe ich hier vor meiner Mutter, die die Abteilung vollkommen im Griff hat und es schafft, allen Gästen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Mit unseren 95 Zimmern, 165 Betten und knapp 50 Mitarbeitern sind wir in unserer Region ein relativ großer familiengeführter Betrieb. Meine Eltern leiten unsere Kaiseralm bereits seit 1992 und haben diese im Jahr 2006 gekauft. Das hat viele Herausforderungen mit sich gebracht. Unter anderem einen immer größer werdenden Kostendruck, da bei unserem 50 Jahre altem Haus wirklich fast täglich etwas repariert werden muss. Vor allem aber hat dieser Kauf eine Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern mit sich gebracht. Uns war es schon immer wichtig, dass trotz der Größe unseres Hauses, das Persönliche und Familiäre an erster Stelle steht. Durch die immer stärker werdende und zeitraubende Bürokratie stellt dies allerdings gleichzeitig eine sehr große Herausforderung dar.
Unser großer Vorteil ist genau dieses familiäre. In einer Zeit, in der immer mehr auf die Hilfe von Robotern zurückgegriffen werden muss, können wir uns glücklich schätzen, zahlreiche Mitarbeiter zu haben, die schon jahrelang oder gar Jahrzehnte dabei sind. Sie gehören alle zu unserer „KaiseralmFamilie“ und können nicht durch einen Roboter ersetzt werden. Wir leben sowohl vom persönlichen und familiären Gästekontakt als auch vom Miteinander und genau das ist es, womit wir uns eventuell in der Zukunft wieder mehr von anderen Betrieben abheben können.
Ja die gibt es wirklich. Vor allem bei der Zusammenarbeit mit meinem Vater merkt man die extremen Unterschiede bei der Herangehensweise an die verschiedensten Dinge. Erstaunlicherweise haben wir festgestellt, dass der beste Weg eine Mischung aus beidem ist. Seine „alte Schule“ gemischt mit meiner teilweisen unkonventionellen Herangehensweise. Wir können wirklich behaupten, dass wir trotz unserer Unterschiede ein wahres „Dream-Team“ sind. Und sollten wir doch nicht auf einen Nenner kommen, kommt meine Mama – unsere Chefin – und holt uns wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich denke, bei der Führung unserer Mitarbeiter ist dieser Generationenunterschied ein großer Vorteil. So kommen die etwas älteren Mitarbeiter, die teilweise länger bei uns arbeiten als es mich gibt, mit Problemen eher zu meinem Vater. Wohingegen ich durch mein Alter einen ganz anderen Draht zu den jüngeren Mitarbeitern und Auszubildenden habe. So haben wir die Möglichkeit, jeden in irgendeiner Form mitzunehmen. Was allerdings meiner Meinung nach wirklich ein großer Vorteil der jungen Generation ist, ist die „unverkopfte“ Herangehensweise an neue Projekte und Ideen. Durch die jahrzehntelange Erfahrung der Elterngeneration ist diese oft etwas vorsichtiger und durchdenkt die Sachen ganz anders. Auch wenn das selbstverständlich etwas Gutes und sehr wichtig ist, kann es auch viele neue Wege zum Ziel versperren. Auch hier ist das Zusammenspiel von Jung und Alt meines Erachtens die perfekte Lösung. Die Jungen mal machen lassen und trotzdem mit Rat, Tat und vor allem Erfahrungswerten zur Seite stehen. Und wenn man dann als junger Mensch doch nicht hört und etwas nicht funktioniert, muss man halt nun mal auch daraus lernen.
Man kann auch von der Elterngeneration sehr vieles Mitnehmen. Ich für mich nehme, neben dem lexikonartigen Fachwissen der „alten Schule“ und alten Kochweise, vor allem den sachlichen Umgang und das ruhige Verhalten in schwierigen Situationen mit. Auch ich musste lernen, dass man sich nicht alles zu sehr zu Herzen nehmen darf und versuche, mir in dieser Hinsicht vieles von meinen Eltern abzuschauen.
Nachdem sich mein Vater bis letztes Jahr seit Jahrzehnten um die „abendliche Gästebetreuung“ gekümmert hat, war es tatsächlich für viele unserer Stammgäste am Anfang eine große Umstellung, dass meine Eltern ein wenig in den Hintergrund getreten sind, um mir den Vortritt zu lassen und ich diesen Part übernommen habe. Da auch viele unserer Stammgäste länger die Kaiseralm besuchen, als es mich gibt, war es für diese anfangs oft einfacher, Gesprächsthemen mit meinem Papa zu finden als mit mir. Inzwischen freuen sie sich auch immer, mich – die Vertreterin der Nachfolgegeneration und meine Entwicklung – zu sehen und sich mit mir zu unterhalten.
Anfangs definitiv ja – vor allem, da wir so viele langjährige Mitarbeiter haben, die bereits seit über 20 oder 30 Jahren bei uns sind, hat mir dieses Thema am Anfang viele Sorgen bereitet. Aber ich muss sagen, diese waren nahezu unbegründet. Nachdem ich mit allen offen über die neue Situation geredet habe, habe ich sie um ihre Unterstützung durch deren Erfahrung in den jeweiligen Bereichen gebeten. Ich habe in den Abteilungen mitgearbeitet, um mir ein besseres Bild der Abläufe verschaffen zu können und konnte so vieles besser verstehen. Ich gehe offen damit um, dass mir durch mein Alter noch viel an Erfahrung fehlt und bin umso dankbarer, dass ich von unserem Kaiseralm-Team so den Rücken gestärkt bekomme.
Jeder Betrieb und jeder Mensch ist vollkommen anders und man sollte jeden genauso nehmen wie er ist. Mein ganz persönlicher Tipp wäre, nicht alles über den Haufen zu werfen, was die Eltern bisher gemacht haben. Es geht darum zu verstehen, warum was wie gemacht wurde und wird. Der Betrieb ist eine Existenz, die die Elterngeneration meist komplett von Grund auf aufgebaut hat und in die sie viele Tränen, Schweiß und Liebe hineingesteckt haben. Veränderungen sind nie leicht aber sie werden leichter, wenn man genau diese Menschen auf die Reise mitnimmt und auch deren Meinung berücksichtigt. Deswegen mein persönlicher Tipp: Nur gemeinsam geht’s. Manchmal ist ein Kompromiss der beste Weg zum Ziel und Erfolg.
Konfuzius sagte: „Wähle einen Beruf den Du liebst, und Du wirst nie wieder arbeiten müssen.“ (lacht) Auch wenn nicht immer viel Freizeit übrigbleibt, ist genau diese Branche und dieser Beruf das, was ich liebe. Noch dazu lernt man die freie Zeit mit Familie und Freunden auf eine ganz andere Art und Weise zu schätzen und zu nutzen.
Für mich ist die beste Entspannung, um den Kopf nach einem langen Tag einfach mal abzuschalten, mich mit Musik vor meine Staffelei und eine Leinwand zu setzen und einfach drauf los zu malen.
Die Kleinigkeiten machen den Unterschied. Eine kleine Geste, ein Wort oder auch ein Lächeln. Und manchmal ist es einfach dieser eine Satz unserer Gäste, der für mich der bedeutendste von allen ist: „Man fühlt sich hier bei euch in der Kaiseralm wie Zuhause.“