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er Austausch mit den höchsten politischen Instanzen des Freistaats gehört für die Führungsebene des DEHOGA Bayern zum täglichen Geschäft. So hat sich kürzlich auch die amtierende Präsidentin des bayerischen Landtags Ilse Aigner (IA) zum persönlichen Gespräch mit Landesgeschäftsführer Dr. Thomas Geppert (TG) getroffen.
IA: Der 8. Oktober wird ein langer, spannender Tag für mich – aber auch für die Verwaltung des Bayerischen Landtags. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen für den Wahlabend, an dem über 1.000 Medienschaffende aus dem Maximilianeum berichten werden. Da müssen Arbeitsplätze für Journalisten geschaffen, Fernsehstudios aufgebaut und Leitungen verlegt werden. Der Landeswahlleiter wird im Hause sein und die eintreffenden Ergebnisse der Auszählungen zusammenführen, die Fraktionen bereiten Wahlparties vor, es kommen etwa
2.000 Gäste. Und wir werden am Wahlabend natürlich unsere Sicherheitsvorkehrungen verstärken müssen. Der Wahltag ist immer etwas
Besonderes – das Hochamt der Demokratie. Und dann ist da natürlich die Anspannung bis zur ersten Hochrechnung…
IA: Mir bereitet die Polarisierung in der Gesellschaft Sorgen. Die Tendenz, dass sich ganze Gruppen von Menschen aus unserer demokratischen Mitte entfernen und abspalten. Und nicht mehr zugänglich sind für Argumente demokratischer Parteien. Sie leben in ihrer Blase aus Fake News, die in den sogenannten Sozialen Netzwerken verbreitet werden. Deshalb ist es mir wichtig, dass möglichst viele Menschen in Bayern zur Wahl gehen. Woanders auf der Welt – zum Beispiel in
Hongkong, im Iran oder in Weißrussland gehen die Menschen auf die Straße, um für Freiheit und Demokratie zu kämpfen – und manchmal auch zu sterben. Es ist erst 70 Jahre her, als am 17. Juni 1953 Menschen in der DDR für die Demokratie auf die Straßen gingen – bis sowjetische Panzer kamen. Wir haben eine parlamentarische Demokratie, aber sie ist nicht selbstverständlich, sie ist ein hohes Gut, wir müssen sie verteidigen. Und wir müssen hin und wieder im Wahllokal bei geheimer und
freier Wahl unsere Kreuzchen machen ...
IA: Ich rate dazu, sich bei den klassischen Medien, den Tageszeitungen, den Radio- und Fernsehsendern zu informieren – und eben nicht nur in den Sozialen Netzwerken, die von Fake News und Manipulationen beherrscht
werden. Man kann die Wahlprogramme direkt bei den Parteien anfordern – oder Wahlveranstaltungen besuchen. Die Landtagskandidatinnen und Kandidaten findet man jetzt überall an den Info-Ständen ihrer Parteien. Nichts geht über ein direktes Gespräch. Und wer Informationen über das bayerische Wahlsystem sucht, findet sie umfassend auf der Homepage des Bayerischen Landtags.
IA: Ja, vor allem die Schulen müssen sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Als ehemalige Medienministerin habe ich den Medienführerschein Bayern lange begleitet und gefördert. Weit über eine Million Schülerinnen und Schüler in Bayern haben bereits einen Medienführerschein gemacht. Medienkompetenz ist heute wichtiger denn je – sie ist Alltagskompetenz. Um junge Leute mache ich mir weniger Sorgen – die beherrschen den Umgang mit Medien – auch den Sozialen Netzwerken – recht gut. Ich beobachte mit Sorgen, dass viele Erwachsene ihre Informationen nicht mehr von Tageszeitung, Radio oder aus dem Fernsehen beziehen, sondern ausschließlich aus dem Internet von irgendwelchen dubiosen Portalen, die oft aus dem Ausland gesteuert werden, um unser System zu destabilisieren. Und diese Fake News werden ungeprüft weiterverbreitet.
IA: Bei der letzten Landtagswahl in Bayern hatten wir mit 72,3 Prozent die höchste Wahlbeteiligung seit 1982. Und auch bei der letzten Bundestagswahl stieg die Beteiligung leicht an. Eine sinkende Wahlbeteiligung erkenne ich so nicht. Wahlbeteiligungen gehen mal rauf, mal runter. Sind aber in Deutschland
insgesamt hoch, wenn man bedenkt, dass es keine Wahlpflicht gibt.
IA: Eine Protestwahl ist niemals eine gute Wahl. Eine Demokratie ermöglicht friedliche Machtwechsel. Man sollte sich aber immer innerhalb des demokratischen Spektrums entscheiden, das bei uns in Bayern breit aufgestellt ist. Denn Parteien, die als Protestparteien antreten, sind oft destruktiv, wollen keine andere Politik, sondern ein anderes System. Sie bieten vermeintlich einfache Lösungen an
für Probleme, die gar nicht einfach zu lösen sind. Das ist das Geschäft der Populisten, denen man nicht auf den Leim gehen sollte.
IA: Für eine Wahlpflicht sehe ich keinen Anlass, solange wir hohe Wahlbeteiligungen haben. Wenn weiterhin weit mehr als die Hälfte aller Bürgerinnen und Bürger zur Wahl geht, brauchen wir keine Wahlpflicht. Vom
Wahlrecht mit 16 Jahren auf Landes- oder Bundesebene halte ich nicht viel. Aktives und passives Wahlrecht ab 18 Jahren – mit der Volljährigkeit – das hat sich etabliert. Wenn man Rechtsgeschäfte erst ab 18 Jahren selbstständig und vollwirksam machen darf, warum sollte man schon mit 16 über Gesetze entscheiden können? Und die werden ja in den Parlamenten gemacht – das ist unlogisch und erschließt sich mir nicht.
IA: Weil wir am 8. Oktober über den künftigen Kurs Bayerns entscheiden. Da bedarf es gar keiner weiteren Gründe.
IA: Der Ton ist rauer geworden, weil sich die Parteienlandschaft stark verändert hat. Die großen Volksparteien verlieren, andere Parteien legten zu. Früher gab es eine linksextreme Partei im Bundestag, heute eine links- und rechtsextreme Partei. Soziale Netzwerke tragen dazu bei, dass Angst und Verunsicherung geschürt und dass Stimmungen gemacht werden, dass sich Falschinformationen rasant
verbreiten. Unsere Demokratie wird von außen und von innen bedroht.
IA: Ich glaube, Alleinregierungen wird es in Deutschland auf absehbare Zeit nicht mehr geben. Dazu ist die Parteienlandschaft zu divers geworden. Zweier-Koalitionen aus demselben politischen Lager sind immer konstruktiver als Dreier-Koalitionen aus ganz unterschiedlichen politischen Lagern. Das Potenzial für Streits in einem ungleichen Dreierbund ist eben höher – das erleben wir gerade im Bund. Generell haben sich Koalitionen in Deutschland bewährt und für langanhaltende, stabile Regierungen gesorgt.
IA: Das Gastgewerbe ist eine Art Barometer für die wirtschaftliche und soziale Lage
in Deutschland und in Bayern. Die Wirte merken es sofort, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen und die Gäste ausbleiben. Bayern ist Tourismusland – für Erholungsuchende aus dem In- und Ausland. Deshalb wäre es für das Gastgewerbe fatal, wenn sich eine Ausländerfeindlichkeit in Bayern breit machen würde, oder gar eine EU-Feindlichkeit. Ohne Fachkräfte aus dem
Ausland würde vieles im Gastgewerbe gar nicht mehr funktionieren. Auch leidet das Gastgewerbe unter hohen Energiepreisen oder unter der Inflation. Das sind Gründe, die als Motivation reichen sollten, um am 8. Oktober zur Wahl zu gehen. Am Ende steht die Entscheidung: Unter welcher Regierung läuft mein Geschäft besser?