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ie derzeitigen Herausforderungen für das Gastgewerbe sind enorm. Viele Betriebe arbeiten – noch immer unter den Folgen der Corona-Pandemie leidend – am Rande ihrer wirtschaftlichen Existenz. Um ein Wirtshaus-, Gaststätten-, Restaurant- und Hotelsterben im Freistaat zu verhindern, ist es aus Sicht des DEHOGA Bayern-Vorstands wichtig, grundsätzliche Pfeiler der Förderung zu etablieren und bestehende Förderungen, wie den (derzeit) befristeten reduzierten Umsatzsteuersatz auf Speisen in Höhe von 7 Prozent beizubehalten. Auf den Folgeseiten sind die Positionen des Vorstands im Detail zusammengefasst.
Bereits in den Jahren 2017 bis 2020 mussten allein im Freistaat 5.000 Betriebe aus dem Gastgewerbe schließen – das bedeutete einen Rückgang um 12 Prozent. Und die Coronakrise dürfte dafür gesorgt haben, dass sich die Zahl bis heute weiter erhöht hat. Doch ein lebendiges Gastgewerbe ist die Grundvoraussetzung für den bayerischen Tourismus. Geht diese Branche zugrunde, stirbt mit ihr ein regionaler Wirtschaftsmotor.
Hotellerie und Gastronomie sind Garanten attraktiver Städte und einer positiven ländlichen Entwicklung. Als die regionalen Wirtschaftsmotoren ermöglichen sie gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern.
Jenseits der ökonomischen Dimension hat die Branche auch eine hohe soziokulturelle Bedeutung innerhalb einer Ortsgemeinschaft. Denn als öffentliche Wohnzimmer der Nation bieten sie einen gemeinsamen Raum. Hoteliers und Gastronomen sind die Visitenkarte Bayerns.
Um die Vielfalt des Gastgewerbes zu gewährleisten, braucht es wettbewerbsfähige Betriebe. Die Branche ist massiv von Kostensteigerungen bei Energie, Lebensmitteln und Personal betroffen. Hier ist Hilfe aus der Politik gefordert: Kostenexplosionen müssen an der Ursache bekämpft werden.
Der reduzierte Umsatzsteuersatz auf Speisen ist ein wesentlicher Faktor, damit Essengehen für alle möglich bleibt. Er muss entfristet werden! Die 7 Prozent haben den Betrieben zudem Spielräume gegeben, Personalkostensteigerungen von über 20
Prozent teilweise aufzufangen.
Jetzt ist der falsche Zeitpunkt für Steuer- und Abgabenerhöhungen. Die Belastungen sind heute schon auf einem Höchststand und müssen zurückgeführt werden. Dies gilt von der kommunalen bis zur Europaebene. Daher lautet eine zentrale Forderung des DEHOGA Bayern: „Keine neuen Steuern und keine Steuer- oder Abgabenerhöhungen!“ Stattdessen sind niedrigere Arbeitskosten für Arbeitgeber und eine Erhöhung der Nettoeinkommen für Arbeitnehmer anzustreben. Im Vergleich zu anderen Ländern ist dieses Missverhältnis in Deutschland am höchsten.
Angesichts der Fülle an Krisen müssen Betriebe mit ihren Mitarbeitern anpassungsfähig sein. Der DEHOGA Bayern fordert daher die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetz durch die Umstellung auf eine Wochenarbeitszeit. Unternehmer, Mitarbeiter und Gäste wünschen sich
mehr Flexibilität. Es geht nicht um Mehrarbeit, sondern um eine flexible Verteilung der Arbeit.
Um dem Personalnotstand effektiv entgegenzuwirken, braucht es zudem eine gezielte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. In diesem Zusammenhang ist auch der Ausbau von Wohnraum für Mitarbeiter dringend notwendig. Dazu gehört eine attraktive steuerliche Abschreibung, kreative Überbauungen von beispielsweise Parkplätzen sowie die Änderung der Baunutzungsverordnung, um in gewissem Maße Mitarbeiterwohnraum in Gewerbegebieten zu schaffen. Zudem braucht es eine maßvolle Flexibilisierung des Feiertagsgesetzes (der
sogenannten Stillen Tage). Bisher sind öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen an diesen Tagen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende „ernste Charakter“ gewahrt ist. Dabei sind Sportveranstaltungen oder politische Kundgebungen gestattet. Das ist absurd.
Eine Möglichkeit wäre, die Tourismusabteilung im Wirtschaftsministerium zu einem echten Kompetenzzentrum auszubauen. Doch die Akzeptanz für Tourismus muss nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern auch in den Kommunen gefördert werden. Mit einem höheren jährlichen Budget ließe sich das vorhandene Know-how unter der Federführung der Tourismusabteilung zusammenführen, bündeln und ergänzen. Außerdem braucht es einen flächendeckenden Ausbau der Infrastruktur, etwa beim Breitband, Investitionen in nachhaltige Energiesysteme und Maßnahmen für attraktive Innenstädte, wie etwa den verkaufsoffenen Sonntag.
Mittelständische Betriebe leiden unter einer überbordenden Bürokratie. Vorschriften werden zu oft auf Bund- oder EU-Ebene für einige wenige
Problemfälle entwickelt – ohne Rücksicht auf unterschiedliche Betriebsgrößen. Das benachteiligt besonders die klein- und mittelständischen
Betriebe des Gastgewerbes und Handwerks. Bayern muss deshalb seinen Einfluss bei Bund und EU nutzen, um dort eine mittelstandsfreundliche Politik zu erreichen und Bürokratie wirksam abzubauen. Das bayerische Gastgewerbe bekennt sich kompromisslos zur Einhaltung der strengen gesetzlichen Lebensmittelhygieneregelungen. Doch die vielen Auflagen und Dokumentationspflichten müssen dringend reduziert werden. Außerdem fordert der DEHOGA Bayern den Stopp zusätzlicher rein ideologischer Auflagen für Volksfeste. Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht nur auf Begriffe wie fair, bio oder regional. Es umfasst auch die Bereiche Ökonomie und Soziales. Niemand will eine Planwirtschaft, in der eine kleine Gruppe entscheidet, was für alle gut ist und was nicht.
Das Gastgewerbe in Bayern steht für eine hohe Ausbildungsleistung: Rund 10.000 Auszubildende in sieben Ausbildungsberufen und knapp 2.000 Schüler und Studierende in gastgewerblichen Schul- und Studiengängen werden auf ihre berufliche Zukunft vorbereitet. Dies sind 10 Prozent aller Auszubildenden in Bayern. Die gute Nachricht: Mit einer fast 40-prozentigen Steigerungsrate konnte das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht werden. Damit sich diese positive Entwicklung nicht abschwächt, fordert der DEHOGA Bayern eine verpflichtende Berufsorientierung in Form von Pflichtpraktika an allen allgemeinbildenden Schulen gesetzlich aufzunehmen.
Ein weiterer Hebel zur Mitarbeitermotivation sind Zuschüsse. Der DEHOGA Bayern fordert daher die dauerhafte Möglichkeit zur Gewährung freiwilliger steuerfreier Zuschüsse an Mitarbeiter. Die Besteuerung von Sachbezügen bei Kost und Logis sind hingegen abzuschaffen.
Alles Positionen und Forderungen des DEHOGA Bayern zur Landtagswahl finden Sie hier.
Angela Inselkammer (Präsidentin)
„Das Gastgewerbe ist das Gesicht unseres Landes und eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft. Die Politik muss dafür sorgen, dass Gastronomie und Hotellerie auch in Zukunft facettenreich und lebendig bleiben. Wir sind system- und lebensrelevant.“
Dr. Thomas Geppert (Landesgeschäftsführer)
„Derzeit herrscht eine toxische Mischung aus massiven Kostensteigerungen und gleichzeitiger Konsumzurückhaltung. Die Politik muss handeln, damit das Gastgewerbe diese heraufordernde Zeit übersteht.“
Thomas Förster (1. Vizepräsident)
„Das Gastgewerbe muss erhalten bleiben, sonst fehlt die wirtschaftliche Grundlage für die Leitökonomie Tourismus. Bayern ist Tourismusland ist Tourismusland Nummer 1."
Andreas Brunner (2. Vizepräsident)
„Wir wollen keine Subventionen und vom Tropf des Staates leben. Aber wir wollen in die Lage versetzt werden, aus eigener Kraft unser Geld, unserer Existenz zu erarbeiten."
Leo Dietz (Schatzmeister)
„Die Umsatzsteuerreduzierung ermöglicht es den Gastgebern, aus eigener Kraft zu wirtschaften und andere Belastungen besser auszugleichen, wie etwa gestiegene Lebensmittelpreise, Energiekosten und vieles mehr."
Ralf Barthelmes (Schriftführer)
„Wir haben im EU-Vergleich mit die höchsten Arbeitskosten des Arbeitgebers und gleichzeitig die niedrigsten Nettoeinkommen. Wir müssen die Kaufkraft steigern: Einkommensteuer runter, Freibeträge rauf! Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können."
Stefan Wild (Vorsitzender Fachbereich Hotellerie)
„Wir brauchen endlich die flexible Wochenarbeitszeit - insbesondere, da wir unsere Dienstleistungen im Gastgewerbe nicht aus dem Homeoffice heraus erledigen können, wie andere Branchen."
Claudia Amberger-Berkmann (Bezirksvorsitzende Unterfranken)
„Die Flexibilisierung der Arbeitszeit nach EU-Vorgaben wäre letzten Endes eine Anpassung an die Lebenswirklichkeit, eine Legalisierung der Realität."
Johann Britsch (Bezirksvorsitzender Schwaben)
„Verglichen mit anderen Branchen ist das Gastgewerbe in Bayern Überdurchschnittlich arbeitsintensiv. Es braucht mehr Möglichkeiten, um Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten einzustellen."
Christian Bär (Bezirksvorsitzender Oberbayern)
„Die demographische Schere wird immer größer. Wir können unseren Bedarf an Arbeitskräften innerdeutsch nicht mehr decken und brauchen einen klugen und pragmatischen Zuzug aus Drittländern."
Christian Schottenhammel (1. stv. Bezirksvorsitzender Oberbayern)
"Mitarbeiter brauchen genug bezahlbaren Wohnraum. Dies muss auch in Gewerbegebieten für eigene Mitarbeiter möglich sein, generell dort, wo unsere Betriebe stehen."
Alexander Baer (Vorsitzender Fachabteilung Musik & Szene)
"Das Bayerische Feiertagsgesetz ist das strengste in ganz Deutschland. Insbesondere musikveranstaltenden Betrieben entsteht dadurch ein wirtschaftlicher Schaden. Wir fordern daher eine Anpassung, zum Beispiel zwei Stunden mehr Tanzerlaubnis am Gründonnerstag."
Karlheinz Reindl (Vorsitzender Fachabteilung Systemgastronomie)
"In Krisenzeiten muss man die Ärmel hochkrempeln, die Leistungsträger entlasten statt belasten und Anreize zum Arbeiten setzen."
Hans-Jürgen-Nägerl (Bezirksvorsitzender Oberpfalz)
"Effiziente Strukturen sind ein Erfolgsfaktor in der Tourismusbranche. Durch eine intensivere Zusammenarbeit und den Willen aller Beteiligten ließen sich noch mehr Potentiale und Chancen nutzen."
Monika Poschenrieder (Vorsitzende Fachbereich Gastronomie)
"Wir müssen die attraktive Kulturlandschaft Bayerns schützen - auch in Hinblick auf die Themen Windradausbau und Wiederansiedlung von Wölfen."
Joachim Kastner (Bezirksvorsitzender Oberfranken)
"Wir ersticken in Bürokratie. Wann immer irgendetwas einmal passiert, gibt es gleich eine Regelung für alle. Dieser Grundgedanke muss weg.
Sylvia Lehmann (Bezirksvorsitzende Mittelfanken)
"Die Branche wird immer wieder mit unnötigen Vorschlägen zu Ampeln, Smileys, Internetprangern und ähnlichen vermeintlichen Transparenzsystemen konfrontiert. Diese unverhältnismäßigen Eingriffe in die unternehmerische Freiheit müssen aufhören."
Rose Marie Wenzel (Bezirksvorsitzende Niederbayern)
"Es braucht keine Vorschriften für Ernährung. Dadurch werden Gäste nur entmündigt und der Besuch in unseren Betrieben würde für die meisten unbezahlbar. Was daran soll fair sein? Wir wollen für alle da sein."
Hans Schneider (Vorsitzender Berufsbildung)
"Es gibt einen wachsenden Trend zur hochschulischen Qualifizierung. Vor diesem Hintergrund müssen wir den Wert einer dualen Ausbildung stärker aufzeigen, um eine breite Schicht junger Menschen für diese Branche zu begeistern."
Kai Behringer (Vorsitzender Marketingausschuss)
"Ein Tag der Ausbildung sollte nicht nur für handwerkliche Berufe möglich sein, sondern für alle Mensch-zu-Mensch-Berufe."
Kai Tiemer (Vorsitzender Fachabteilung Kur- und Bäderwesen)
"Die Versteuerung des Geldwertvorteils bei Mitarbeitern und Auszubildenden muss abgeschafft oder zumindest deutlich reduziert werden."