RAU RAKERS, SEIT ÜBER ZEHN JAHREN SIND SIE DAS GESICHT DER TAGESSCHAU. HATTEN SIE DIESEN JOB ALS ZIEL VOR AUGEN ODER HABEN ES DIE UMSTÄNDE ERGEBEN?
Mein Berufswunsch war schon als junges Mädchen Journalistin, aber ich hätte damals nicht im Traum daran gedacht, dass ich einmal die Tagesschau um 20.00 Uhr präsentieren würde. Ich habe damals gedacht, ich würde einmal schreiben und bei der Tageszeitung landen. Und das war auch meine erste Station im Journalismus: die Lokalredaktion meiner Heimatregion. Neben dem Studium habe ich dann auch angefangen, für den Hörfunk zu arbeiten. Dort wurde ich zur Moderatorin und dann kam der Sprung zum TV. Aber selbst dort war ich erst als Autorin tätig. Dann kam TV-Moderation dazu und erst danach der Sprung in die Tagesschau.
SIE SIND TÄGLICH BESTENS ÜBER DIE TEILS SCHRECKLICHEN GESCHEHNISSE IN DER WELT INFORMIERT. VERSPÜREN SIE SO ETWAS WIE DANKBARKEIT, IN EINEM REICHEN INDUSTRIELAND IM HERZEN EUROPAS AUFGEWACHSEN ZU SEIN?
Oh ja. Das tue ich. Es kann einen nur demütig machen, wenn man sieht, unter welchen Umständen Menschen in anderen Regionen der Welt leben und aufwachsen müssen. Vor allem als Frau bin ich dankbar, dass ich in Europa leben und arbeiten kann. Ich möchte nicht tauschen.
FÜR DIE DEMOKRATIE UND FÜR SIE ALS JOURNALISTIN IST DIE PRESSE- UND MEINUNGSFREIHEIT EIN HOHES GUT. BEUNRUHIGT ES SIE, DASS IHR BERUFSSTAND GLOBAL IMMER HÄUFIGER DISKREDITIERT WIRD?
Natürlich beunruhigt mich das. Vor allem, weil die Diskreditierung der freien Presse so oft den Anfang von Unrechtsregimen markiert hat. Wir können so froh sein, dass wir in Deutschland eine unabhängige Presse haben. Wenn dies kein gesellschaftlicher Konsens mehr ist, haben wir ein Problem. Ich bin gespannt, welche Folgen die Corona-Krise hier haben wird. Denn einerseits boomen Verschwörungstheorien, die ja gerne auch die Medien als Teil der Verschwörung denunzieren, andererseits sind die Einschaltquoten der öffentlich-rechtlichen Tagesschau gerade so hoch wie lange nicht. In Krisenzeiten suchen die Menschen Orientierung beim seriösen Journalismus.
SIE HABEN DIE MODERATION DES SEMPEROPERNBALLS ABGESAGT, DA DIE ORGANISATOREN DEM ÄGYPTISCHEN PRÄSIDENTEN UND MACHTHABER EINEN ORDEN VERLIEHEN HABEN. HABEN SIE MIT DIESER ENTSCHEIDUNG GERUNGEN?
Nein, ich wusste sofort, dass ich handeln muss. Manchmal muss man einfach seinem Gewissen folgen und Haltung zeigen.
WIE DENKEN SIE GENERELL ÜBER NEGATIVE ERFAHRUNGEN? SCHÄTZEN SIE DIESE (IM NACHHINEIN) ODER MÖCHTEN SIE AUF DIESE VERZICHTEN?
Ich habe aus negativen Erfahrungen schon so viel gelernt und letztlich auch Stärke gewonnen, dass ich sie nicht missen möchte. Ich möchte das aber auch nicht zu sehr romantisieren, denn de facto mache ich lieber positive Erfahrungen (lacht).
DIE MITARBEITER IN UNSERER BRANCHE SIND UNSER HÖCHSTES GUT: WIE KÖNNEN GÄSTE DIESEN MITARBEITERN WERTSCHÄTZUNG ENTGEGENBRINGEN?
Ich halte es mit Mitarbeitern im Gastgewerbe genauso wie mit jedem anderen Menschen, den ich treffe. Ich bin freundlich und zugewandt und bringe meinem Gegenüber Respekt und Interesse entgegen. Das sind für mich die Grundlagen jedes Miteinanders – ob geschäftlich oder privat.